Gartentherapeutin betrachtet mit einer Patientin eine Pflanze.
Patient der Abteilung für Psychosomatik schleift einen Stein ab.

Das Therapiekonzept an unserer Fachabteilung für Psychosomatik

Das medizinische Fachgebiet der Psychosomatik befasst sich mit den Wechselwirkungen von Psyche und Körper. Wenn körperliche Erkrankungen zu ausgeprägten seelischen Belastungen oder aber seelische Belastungen zu körperlichen Beschwerden oder Erkrankungen führen, sind wir für Sie zuständig.

Unsere Vorstellung von Gesundheit und Krankheit:
Gesundheit und Krankheit eines Menschen werden durch ständige Wechselwirkungen zwischen äußeren Anforderungen und inneren Gegebenheiten immer wieder neu hergestellt. Diese Prozesse integrieren biologische, seelisch-geistige und gesellschaftlich-soziale Faktoren. Damit spannt sich ein Kontinuum zwischen Wohlbefinden (wellness) und Kranksein (illness) auf. Körperliches und Seelisch-Geistiges ist beim Menschen in einem ständigen Wechselspiel. Ist dieses langanhaltend im Ungleichgewicht, kann Krankheit entstehen. Beschwerden oder Krankheiten können vor diesem Hintergrund verstanden werden als Hinweise des Organismus, dass eine Neu-Ausrichtung der benannten Prozesse anstehen kann.

  • Auf der rein körperlichen Ebene können Teile nicht mehr funktionieren und müssen ersetzt werden, wie zum Beispiel ein verstopftes Herz-Gefäß bei einem Herzinfarkt. Dieses kann mechanisch repariert werden.
  • Auf der Ebene des belebten Leibes kann zum Beispiel Bewegungsmangel oder Fehlernährung Beschwerden verursachen. Hier hilft Verhaltensänderung.
  • Auf der seelischen Ebene kann es durch ungünstige innere Einstellungen und Verhaltensweisen immer wieder zu innerem Stress kommen, der wiederum, wenn er langanhaltend ist, zu Krankheit führen kann. Es ist zum Beispiel bekannt, dass eine Neigung zu feindseligen Reaktionen unter Stressbedingungen ein Risikofaktor für die Entstehung eines Herzinfarkts darstellt. Hier geht es in der Therapie darum, Erlebens- und Verhaltensmuster, die krankmachend sind, zu erkennen und zu verändern.
  • Auf der geistigen Ebene geht es auch darum, die eigenen tiefergehenden Motive für sich, für andere und die Welt zu ergründen und sich dahingehend selbst zu entwickeln. Die damit verbundene Selbstentwicklung kann zu verbessertem Wohlbefinden, Gesundheit, zu besserem Zusammenleben mit Mitmenschen und letztlich auch zu einer besseren Welt führen. Im Sinne einer umfassenden Diagnostik und nachhaltigen Therapie gilt es, alle diese Prozesse in den Behandlungsprozess mit einzubeziehen.

Was wir wollen:
Alle diese Elemente spielen eine Rolle bei einer psychosomatischen Behandlung. Überall dort, wo sich entweder eine körperliche Erkrankung auswirkt auf das Seelisch-Geistige, aber auch, wenn seelisch-geistige Konflikte oder Spannungen zu körperlichen Erkrankungen führen, sind wir zuständig.

Motive, Einstellungen, Werte, als auch Fähigkeiten, Wahrnehmungen und Verhalten werden geprägt durch Erfahrungen mit der Welt. Die dadurch entstandenen Wahrnehmungs-, Erlebens- und Verhaltensmuster prägen unseren Umgang mit uns selbst, unseren Mitmenschen und der Welt.

Steht die innere und äußere Lebensführung dauerhaft im Widerspruch mit tieferen individuellen Motiven und Zielen, kann dies zu einer chronischen Stressbelastung führen. Diese kann sowohl psychische, als auch körperliche Krankheit bedingen. Gleichzeitig können auch aktuelle Belastungen oder körperliche Erkrankungen zu seelischen Beschwerden führen.

Wir unterstützen Sie dabei, stressverursachende innere und äußere Barrieren zu identifizieren, um diese zu verringern. Gleichzeitig suchen wir mit Ihnen zusammen Wege, bereits vorhandene Fähigkeiten und Kraftquellen  und Fähigkeiten (wieder) zu entdecken, zu nutzen und weiterzuentwickeln. Dabei gilt es, die individuellen Motive, Möglichkeiten und Kraftquellen zu finden und zu stärken, neue Perspektiven denken, fühlen und leben zu lernen und dadurch eine Gesundung und neue Verwirklichungsmöglichkeiten zu befördern. Durch die Verminderung dieser chronischen inneren Spannungen oder Konflikte, kann Selbstwirksamkeit und nachhaltigere Gesundheit entstehen.

Konkret geht es darum:

  • Alte behindernde Denkmuster zu identifizieren und neugierig und offen zu werden für alternative Denkmöglichkeiten
  • Blockierte Gefühle empathisch bei sich und anderen wieder zu entdecken
  • Den Mut zu entwickeln, alte Pfade zu verlassen, vorhandene Potentiale zu nutzen, um sich zu fragen: „Wer bin ich, wer möchte ich werden?“ und „Was sind meine Ziele und Aufgaben?“
  • Die dadurch entstehenden Impulse im therapeutischen Miteinander, im künstlerischen Tun auszuprobieren, im sozialen Miteinander zu erproben und in der eigenen Lebenswelt umzusetzen. Dies erfordert Mut.

Gleichzeitig wäre eine Psychotherapie, die sich nur auf den erkrankten Menschen bezieht, wie Stehen auf einem Bein. Gute Bindungen und soziale Beziehungen sind ein wichtiger Faktor beim immer wieder Neu-Herstellen von Gesundheit. All unsere Einstellungen und Verhaltensweisen sind in ständiger Wechselwirkung mit der Umwelt. Beide Bereiche beeinflussen sich permanent gegenseitig. Unsere Haltungen, Verhaltensweisen gegenüber unserer Ursprungsfamilie, unseres selbst geschaffenen familiären oder Freundesumfeld, dem beruflichen Kontext, der Gesellschaft, der Kultur oder Religion, der Menschheit, vielleicht sogar zukünftiger Generationen gegenüber prägen diese Umraumfaktoren und wirken auch gleichzeitig auf uns zurück.

Dabei wollen wir Sie auf der Suche nach Ihrem Weg mit sich und Ihrer Umwelt mit unserem Wissen und unserer Erfahrung in einem transparenten Dialog auf Augenhöhe unterstützen. Und dabei die ganze Person mit Kopf, Herz und Hand involvieren.

Standbeine der stationäre Behandlung:
Die wichtigsten Standbeine der Behandlung auf unserer Station sind Reflexion in Form von Eigenraum, Reflexion und Spiegelung im Gespräch, Gemeinschaft, Bewegung, Kunst, Natur. Durch diese Elemente soll Ihre Selbstwirksamkeit nachhaltig erhöht werden. Die Abteilung hat einen tiefenpsychologischen Schwerpunkt mit verhaltenstherapeutischen und systemischen Elementen vor dem Hintergrund des anthroposophischen Menschenbildes. Da wir in einer interdependenten Welt leben, in der persönliche Veränderungen auch Auswirkungen auf die Umgebung haben, überprüfen wir die neuen Erlebens- und Verhaltensweisen in der Patientengemeinschaft, aber auch im heimischen Umfeld.

Konkret bieten wir folgende Therapieelemente an:

  • Eigenraum und Eigenzeit: Wir bieten einen sechswöchigen Raum, in dem Sie sich aus Ihren sonstigen Zuständigkeiten herausnehmen können und in einer gesunden Umgebung mit gutem Essen, klaren Tagesabläufen, mit verschiedenen leiblichen, seelischen und geistigen Anregungen in Gemeinschaft mit Menschen, die ebenfalls mutig und offen nach einer neuen Balance in ihrem Lebensvollzug suchen. Angebote in Achtsamkeit und Imagination unterstützen Sie dabei, den Eigenraum zu erkunden und zu gestalten.
  • Gespräch: In ärztlichen, psychologischen Therapiegesprächen (Einzel- und Gruppentherapien), in Gesprächen mit Ihren pflegerischen Bezugstherapeuten, aber auch im Gespräch mit den Mitpatient*innen bieten sich viele Reflexions- und Spiegelungsmöglichkeiten für neue Wege. Gleichzeitig können durch die Erfahrungen der anderen auch neue eigene Ideen entstehen.
  • Gemeinschaft – offen, zugewandt und professionell: Unsere Besonderheit besteht in der gelebten Interdisziplinarität. Die therapeutische Gemeinschaft ist ein wichtiges Fundament unserer Arbeit. In der therapeutischen Arbeit im Einzelgespräch, in den Therapiegruppen, in der Patient*innengruppe, aber auch bei der Zusammenarbeit in der  therapeutischen Gemeinschaft basieren wir unsere Arbeit auf Vertrauen und Offenheit. Die therapeutische Gemeinschaft setzt sich zusammen aus Ärzt*innen, Psycholog*innen, Pflegenden, kunst- und bewegungstherapeutischen Mitarbeitern, Sozialarbeiter*innen, Seelsorgern und einer Sekretärin.
  • Bewegung: Bewegung ist eine der wichtigsten therapeutischen Interventionen, die es in der Medizin gibt. Auf sehr schönen Waldwegen, in therapeutischen Angeboten wie Sport, spielerische Wahrnehmung, Gartentherapie, Heileurythmie oder einer krankengymnastischen Gruppe werden Möglichkeiten geboten, sich zu bewegen und die Freude an der Bewegung und am Körper wieder zu mobilisieren.
  • Kunst/Kultur: In vielfältigen kunsttherapeutischen Angeboten (Malen, Musik, Plastizieren – Arbeiten mit Ton, Sprachtherapie, inklusive einer Theatertherapiegruppe) können Sie auf spielerische Art, eigene Motive, Gestaltungswünsche erkunden, erproben und gestalten. In der künstlerischen Arbeit können sich neue Motive, Perspektive eröffnen und Gestaltungsideen entstehen. Gemeinsames Singen, Märchen lesen in der Patientengruppe erhöhen die Schwingungsfähigkeit und regen die Phantasie an. Vielfältige Kulturangebote im Krankenhaus-Café, eine reichhaltig ausgestattete Patientenbibliothek bieten Anregungen zu neuen Denk- und Fühlanstößen.
  • Natur: Natur hilft heilen. Sie ist auf der Station Jona reichhaltig vorhanden. Das Krankenhaus liegt in einer üppigen, schönen Natur. Es gibt einen großen Jona-Therapiegarten, in dem Sie von einer Gartentherapeutin Ihren Möglichkeiten und Wünschen entsprechend die gesundheitsfördernde Wirkung der Natur oder die Früchte des Gartens nutzen können. Selbst im Winter, wenn der Garten ruht, können Produkte des Gartens in der Gartentherapie verarbeitet werden. Teilweise finden die kunsttherapeutischen Angebote auch in der Natur statt.
  • Sinn/Spiritualität: Gerade in existentiellen Krisen (Verlust eines Menschen, schwerer Schicksalsschlag, nahender Tod) können Fragen nach Sinn und Spiritualität auftreten. Diese finden Raum in den therapeutischen Gesprächen. Es kann jedoch auch Kontakt zu unserem Krankenhaus-Seelsorger aufgenommen werden, der auch Tanz- und Meditationszeiten anbietet. Diese Elemente sollen Ihre innere Arbeit unterstützen. Diese Arbeit ist ein wichtiger Beitrag zu einem nachhaltigen Weg zu mehr Gesundheit und Selbstwirksamkeit.

Informationen rund um die Psychosomatik

  • Persönliche Sprechzeiten

    Barbara Lunkeit
    Mo 12:00 - 12:30 Uhr
    02330 62-3315 (AB)

    Prof. Dr. med. Gabriele Lutz
    Di 12:00 - 12:30 Uhr
    02330 62-3313 (AB)

    Juliane Böhme
    Di 12:30 - 13:00 Uhr
    02330 62-4740 (AB)

    Manuel Stolze
    Mi 12:00 - 13:00 Uhr
    02330 62-3069 (AB)

    Simone Begemann
    Do 12:30 - 13:00 Uhr
    02330 62-3074 (AB)

    Mükerrem Can
    Fr 12:00 - 13:00 Uhr
    02330 62-3702 (AB)

    Dr. med. Thomas Haag
    nach Vereinbarung
    t.haag@remove-this.gemeinschaftskrankenhaus.de

  • Weiterbildung

    Wir bieten eine lebendige und unterstützende Teamstruktur, in der die zur psychotherapeutischen Arbeit nötige Selbstentwicklung genauso wichtig genommen wird wie die Wissens- und Fertigkeitenvermittlung. Wir profitieren von Ihren Anregungen im Sinne einer lernenden Organisation.

    Die Abteilung ist als ärztliche Weiterbildungsstätte anerkannt (Gebiet „Psychosomatische Medizin und Psychotherapie“ und Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“). Regelmäßig werden Balintgruppen, Supervisionen und Fortbildungsveranstaltun­gen durchgeführt. Fortbildungen für Traumatherapie erfolgen in Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Institut für Psychotraumatologie.

  • Berufsgruppenübergreifende Balint-Gruppe

    Januar 2024 bis April 2024

    Ort und Zeit:    
    Schulraum 9. Etage Kinderhaus
    Mittwochs 16.00 - 17.30 Uhr

    Leitung:         
    Prof. Dr. med. Gabriele Lutz

    Termine:    
    17.01., 24.01., 31.01., 14.02., 21.02., 28.02., 13.03., 20.03., 17.04., 24.04.2024

    Wichtiger Hinweis:
    Bitte planen Sie so, dass Sie kontinuierlich teilnehmen können und bringen Sie keinen Piepser mit.

    Kosten:        
    10 Doppelstunden =
    300,- Euro = approbierte Ärzt*innen
    150,- Euro = andere Berufe

    Mitarbeiter*innen des GKH sind kostenfrei!   

    Anmeldung:    
    bitte schriftlich und verbindlich an Prof. Dr. med. Gabriele Lutz
    Fax: 02330 62-3219, Email: jona@remove-this.gemeinschaftskrankenhaus.de

    Auskünfte:    
    Sekretariat Jona, Telefon 02330 62-3037
            
    Die Teilnahme ist anerkennungsfähig im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung.

  • Angebote für Studierende

    Wir sind mit der Universität Witten/Herdecke assoziiert, bieten für Studierende der Medizin und der Psychologie Praktikumsmöglichkeiten unterschiedlicher Dauer sowie die Möglichkeit, ein PJ-Tertial zu absolvieren. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, wissenschaftlich mit uns zu arbeiten.

  • Informationsmaterialien rund um die Psychosomatik