Kunsttherapeuten plastizieren mit Ton.
Kunsttherapieraum mit Werken von Patient*innen.
Kunsttherapie am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke

Plastisches Gestalten

Therapeutisches Plastizieren ist Teil der Anthroposophischen Medizin und trägt dazu bei, neue Lebensperspektiven zu entdecken

Beim plastischen Gestalten kommt es darauf an, dass die Patient*innen in der unmittelbaren Auseinandersetzung mit dem Material innere Gefühle, Gedanken und Kräfte, die teilweise noch verschüttet und unbewusst sind, erkennen und in äußere Form und Gestalt übersetzen. Dabei geht es nicht darum, ob das Ergebnis hübsch oder dekorativ ist, sondern das Formen des Materials und das Ringen mit der Form lässt im Patienten neue Bilder und Kräfte entstehen. Diese tragen dazu bei, die Krankheit zu akzeptieren, zu überwinden und neuen Lebensmut zu schöpfen.

Als Materialien dienen Stein, Speckstein, Holz, Tonerde, Bienenwachs, Plastillin und Sand. Die Auswahl richtet sich nach den körperlichen Voraussetzungen und danach, welcher Zeitraum für die Therapie zur Verfügung steht.

Stein z. B. muss über längere Zeit gezielt geklopft, gemeißelt und geschlagen werden: kraftvoll, entschlussfreudig, rhythmisch. Rückwirkend vermittelt das Kraft, Wärme und Festigkeit.

Speckstein lässt sich schneller und leichter behauen, raspeln, schmirgeln und schleifen. Seine glatte, kühle Oberfläche empfinden Menschen mit Hauterkrankungen oft als besonders wohltuend und angenehm.

Holz kann je nach Härte, Farbe, Geruch, Maserung, Elastizität gezielt nach den Bedürfnissen und Notwendigkeiten des Patienten ausgewählt werden. Das Schnitzen, Raspeln und Schmirgeln von Holz löst und wärmt, es erfordert und schult einen wachen, aufmerksamen Geist.

Ton braucht meine keine oder nur wenig Werkzeuge und wird vorwiegend mit den Händen bearbeitet. In seiner erdig-feuchten Konsistenz, die schlammig, geschmeidig oder halbtrocken sein kann, erfordert er eigene, unmittelbare Formkräfte. Aus einem unförmigen Klumpen wird durch die eigenen Gestaltkräfte ganz allmählich eine wie auch immer geartete dreidimensionale Form. Dabei wird immer wieder Material hinzugefügt oder weggenommen, bis die endgültige Gestalt erscheint. Die natürlicherweise kühle Tonerde kann für manche Patient*innen – z. B. bei Rheuma – auch angewärmt werden.

Dieses übende Arbeiten mit verschiedenen Werkstoffen aktiviert und kräftigt die im Menschen schlummernden gestaltbildenden und belebenden Kräfte. Es stärkt Fähigkeiten, die den besseren Umgang mit der Krankheit ermöglichen bzw. den Heilungsprozess fördern. Tast-, Gleichgewicht-, Kraft- und Bewegungserfahrungen an der plastischen Form spielen dabei eine wichtige Rolle.

Diese Form der Kunsttherapie wird insbesondere bei Angst- und Unruhezuständen sowie bei chronischen Erkrankungen eingesetzt.